In diesem Abschnitt erzähle ich Dir wie ich erlebt habe und was passiert, wenn Du nicht auf Dich achtest und du Die Krankheit ignorierst.
Wir schreiben das Jahr 2002, also 3 Jahre nach meiner Diagnose. Ich habe das Ganze ein wenig verdaut, machte meine Besuche beim Diabetologen, alle 3 Monate, manchmal aber auch erst alle 6 Monate, wie es mir gerade passte, aber oft immer mit schlechten Werten und mit ständigen Ausreden. Ich hatte wieder ein paar wenige Kilos zugenommen, nicht mehr das alte Gewicht von 68 Kilo, aber es ging soweit. Ich hatte keine Schmerzen und keine Beschwerden. Den Blutzucker habe ich nur sporadisch gemessen, Insulin nach Lust und Laune gespritzt, die Krankheit schlichtweg ignoriert und weggedacht. Ich erzählte auch praktisch niemanden in meinem Freundeskreis oder Umfeld von meiner Krankheit, machte das Ganze versteckt. Denn es war mir irgendwie unangenehm. Ich war kurz vor 30, wollte Spass haben, Party machen, Leben etc.
Dann an einem Wochenende war ich wiedermal unterwegs und am abfeiern. Kein Insulin gespritzt, den Blutzucker nicht gemessen, Alkohol getrunken, geraucht und mich amüsiert. Das volle Programm. Da war diese Bar, es war etwa 04.00 Uhr Morgens, alles voll im Gange, merkte ich, dass ich Mühe bekam mit dem Atmen. Ich musste ständig nach Luft schnappen und alles drehte sich noch mehr. Meine Kumpels fragten, was denn los sei, ich sagte nur, es ist alles OK, kommt schon wieder, ich müsse nur nach draussen Luft schnappen gehen. Schüttete noch ein Bier runter und ging raus. Die Luft wurde immer dünner und ich atmete immer flacher. Ich setzte mich hin und versuchte ruhig zu bleiben und dachte, dass setzt sich dann gleich wieder. Schmerzen hatte ich keine, ich war einfach ein wenig zugedröhnt vom Alkohol. Nach einer Weile kam ein Kumpel zu mir raus und fragte wie es mir ginge. Ich konnte kaum noch antworten, sagte zu ihm, es sei wohl besser, dass ich nach Hause komme.
Er fuhr mich dann nach Hause, begleitete mich in meine Wohnung, da kippte ich regelrecht um. Geistesgegenwärtig schnappt mich mein Kumpel und fuhr mich ins nächste Spital. Ich weiss noch, es war Sonntagmorgen, ein wunderschöner, warmer, lauer Tag. Es war ja schon wieder hell geworden. Ich war irgendwie weggedröhnt, kam alles nur noch so am Rande mit bis zu diesem Punkt. Was danach kam, erinnere ich mich nicht mehr wirklich. Nur, dass ich in einem weissen, leeren Raum war, die Temperatur war perfekt und richtig kuschelig warm. Ein Wohlgefühl, einfach unbeschreiblich schön. Ich wollte gar nicht mehr weg von dort, so angenehm war es. Alles hell, voller Licht und totale Ruhe. Keine Last, keine Probleme, alles weg und das Gefühl von Leichtigkeit machte sich breit. Wow! Habe ich gedacht. Unglaublich schön.
Der Himmel kann warten, hab noch einiges zu erledigen.
Foto: RaLa
Doch dann plötzlich wachte ich auf, es wahr weiter wohlig warm, alles ruhig bis auf das Piepsen, wo ich nicht wusste woher es kam. Ein Engelsgesicht schaute mich an und begrüsste mich mit einer sanften, angenehmen Stimme. Ich dachte im ersten Augenblick ich sei im Himmel angekommen. Wo bin ich? Bin ich Tod? Was ist los? Bis die Stimme mir sagte ich sei im Krankenhaus auf der Intensivstation. Die Stimme wurde klarer und ich erkannte, dass es eine Krankenschwester ist und nicht ein Engel. Ich hatte überall Schläuche, Infusionen und auch einen Katheter zum wasserlösen. Ich kam zu mir und fragte was passiert sei. Sie teilte mir kurz und knackig mit, dass ich einen Stoffwechselkolaps und schwerste Übersäuerung meines Blutes hatte, hervorgerufen durch falsche oder gar keine Insulinzuführung und- oder Infekt erlitten hätte mit utopischen Blutzuckerwerten und ich riesiges Glück habe noch auf der Erde zu sein. Ich fragte wie lang ich weg war. Sie sagte mir, dass es Mittwochabend sei. Was!? Ich war 3 Tage weg, also 3 Tage im sogenannten Diabetischen Koma, was die schwerste Form einer Entgleisung ist.
Meine ersten Gedanken waren bei meinem Sohn und meiner Familie. Mein Gott, was habe ich getan? Was habe ich meiner Familie für Kummer und Sorgen bereitet. Meine erste Arztvisite war wirklich erschreckend. Mir wurde mitgeteilt, dass mein Blutzuckerwert weit über 40 war ( Normalwert zwischen 4.5 - 6.8 mmol ). Sie haben mich regelrecht angegriffen und mir klar gemacht, wie viel Glück ich eigentlich hatte, dass schon vorgekommen sei, wenn Menschen mit solchen Blutzuckerwerten ins Spital kamen, verstorben seien. Sie hätten wirklich um mein Leben kämpfen müssen. Nun ja, ich bekam davon nichts mit, aber ich war total geschockt.
Ich viel in eine unglaubliche Demut und Dankbarkeit, dass ich noch lebte und ich quasi eine zweite Chance bekommen habe. Ich kurierte mich aus, liess mich pflegen und nahm mein zweites neues Leben in den Angriff, voller Hoffnung und Lebensenergie. Es war eine unglaubliche Erfahrung und Reise die ich da durchlebt habe und hat mir gezeigt wie Kostbar das Leben eigentlich ist und man es pflegen und hegen soll. Nach dem Regen scheint immer wieder die Sonne. Ich war einfach nur Glücklich noch da zu sein. Und eines hat mir diese Erfahrung gezeigt. Ich habe keine Angst vor dem Ende des Lebens. Das nehme ich mit.